Freiheit auf zwei Rädern

WIR-Koordination beim Landkreis Kassel organisiert Fahrradkurs für geflüchtete Frauen

Landkreis Kassel. Aller Anfang ist schwer. Und so sind die ersten Fahrversuche noch etwas schwankend und unsicher. Schwung holen, das Gleichgewicht halten, lenken, in die Pedale treten – alles gleichzeitig. Das klappt nicht immer. Aber immer wieder wird mutig ein neuer Anlauf genommen. 

Geflüchtete Frauen aus unterschiedlichen Ländern lernen auf dem Parkplatz der Albert-Schweitzer-Schule in Hofgeismar das Radfahren.

Konzentriert wirken die Frauen auf dem Parkplatz der Albert-Schweitzer-Schule in Hofgeismar, wenn es darum geht das zweirädrige Gefährt endlich zu beherrschen. Gleichzeitig ist schon auf kurzen Strecken allen die Freude am Fahren anzusehen. „Fahrradfahren ist einfach schön und ich kann den Einkauf schneller erledigen“, sagt die 27-jährige Awatash Lema lachend, auch wenn ihre Freundin Kibret Hagdu just in diesem Moment zupacken muss, damit sie nicht umkippt. Dann lachen beide.

Awatash Lema übt das Radfahren. Ihre Freundin Kibret Hagdu hilft.

„Es kommen jedes Mal mehr“, freut sich WIR-Koordinatorin Nadine Koch vom Landkreis Kassel, die den Fahrradkurs für Geflüchtete initiiert hat. Es hat sich herumgesprochen. Heute sind es schon 20 Frauen. Sie kommen aus unterschiedlichen Ländern: Syrien, Sudan, Afghanistan, leben jetzt in Trendelburg, Bad Karlshafen, Liebenau oder Hofgeismar. Die Älteste ist Rahaf Abdulnour. Sie ist 55 Jahre alt und kommt aus Syrien. „Fahrradfahren wird mein Hobby“, ist sie sich sicher, „weil es einfach so viel Spaß macht.“ Wie eigentlich alle Teilnehmerinnen, hätte sie Fahrradfahren gerne schon als Kind gelernt. „Aber da wo ich herkomme, werden Frauen auf Fahrrädern nicht gern gesehen“, berichtet Abdulnour. Eine Antwort, die so oder so ähnlich alle Fahrschülerinnen geben.     

Die älteste Teilnehmerin ist die 55-jährige Rahaf Abdulnour aus Syrien.

Unterstützt wird Nadine Koch von Stefan Arend, dem Radverkehrsbeauftragten im Landkreis Kassel, und der Honorarkraft Stephanie Forristall. Sie geben den Frauen Tipps und machen Mut, es immer wieder zu versuchen. Zwischendurch stehen Verkehrsschilder und die Verkehrsregeln auf dem Stundenplan.

Die gebrauchten Fahrräder für den Kurs stammen aus den Fundbüros von Wolfhagen und Hofgeismar und wurden von der Fahrradwerkstatt in der Pommernanlage auf Funktion und Verkehrssicherheit geprüft. Auf die Fahrradhelme gab‘s bei Radsport Fritsch einen Rabatt. Die Albert-Schweitzer-Schule stellt einen Teil ihres Parkplatzes zur Verfügung. Und der Bauhof der Stadt Hofgeismar stellt die Verkehrsschilder. 

Nadine Koch (rechts) hat die Frauen-Fahrradschule initiiert. Unterstützt wird sie von Stefan Arend, dem Radverkehrsbeauftragten im Landkreis Kassel, und der Ho-norarkraft Stephanie Forristall.

„Wir überlegen im kommenden Jahr einen weiteren Fahrradkurs anzubieten“, so Koch. Entsprechende Anfragen aus Kommunen liegen schon vor. Doch jetzt wird erst einmal weiter in Hofgeismar geübt. „Alle werden es schaffen“, ist Forristall überzeugt, „denn irgendwann macht es klick und dann geht es.“  

Das Landesprogramm „WIR“ wird durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration gefördert.